Ergotherapie
Der Ergotherapie-Verband Schweiz (EVS) gibt folgende Empfehlungen für die Ergotherapie Schweiz ab:
1) Keine ergotherapeutischen Interventionen, ohne das Betätigungsprofil der Patientinnen und Patienten erstellt und gemeinsame Therapieziele definiert zu haben.
Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten unterstützen und begleiten Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigt oder von Einschränkungen betroffen sind. In der Ergotherapie ist es wichtig, dass das Betätigungsprofil der Patientinnen und Patienten, deren Probleme, Ressourcen und Umweltfaktoren, die die Ausführung der gewünschten Betätigungen unterstützen oder behindern, bekannt sind. Die Patientinnen und Patienten werden in die Formulierung und die Festlegung der Ziele, die sie in der Therapie erreichen wollen, einbezogen. Wie in der vierten Ausgabe von «Occupational Therapy Practice Framework: Domain and Process» (OTPF-4) beschrieben, «können nur die Patientinnen und Patienten selbst die Betätigungen identifizieren, die ihrem Leben einen Sinn geben, und die Therapieziele und Prioritäten wählen, die für sie wichtig sind» (AOTA, 2020). Wenn die Patientinnen und Patienten und/oder ihre Bezugspersonen nicht an der Erstellung des Betätigungsprofils und der Festlegung der Therapieziele und -prioritäten beteiligt sind, kann es sein, dass kein volles Engagement seitens der Patientinnen und Patienten entsteht.
Evidenzlage: internationales Berufsprofil der Ergotherapie
Referenzen: https://www.ergotherapie.ch/ergotherapie-de/berufsprofil/
American Occupational Therapy Association (2020). Occupational therapy practice framework: Domain and process (4th ed.). Am J Occup Ther, 74(Suppl. 2), 7412410010. doi.org/10.5014/ajot.2020.74S2001
Improve your documentation with AOTA’s updated occupational profile template. (2020). American Occupational Therapy Association. www.aota.org/profile
Mroz TM, Pitonyak JS, Fogelberg D, Leland NE (2015). Client centeredness and health reform: Key issues for occupational therapy. Am J Occup Ther, 69(5). doi.org/10.5014/ajot.2015.695001
2) Keine sensorischen Interventionen für einzelne Kinder oder Jugendliche, ohne dass dokumentierte Bewertungsergebnisse zu den Defiziten bei der Aufnahme oder Verarbeitung von Sinneswahrnehmungen vorliegen.
Viele Kinder und Jugendliche haben Defizite bei der Aufnahme und/oder Verarbeitung von Sinneswahrnehmungen, was ihre Fähigkeit zur Teilnahme an sinnvollen und bedeutungsvollen Betätigungen beeinträchtigt. Die Aufnahme und Verarbeitung von Sinneswahrnehmungen ist ein komplexer Prozess, der individuelle Störungsmuster hervorbringt, die auch individuell behandelt werden müssen. Interventionen, die nicht auf die dokumentierten Störungsmuster abzielen, können sich als unwirksam oder negativ erweisen. Daher ist es wichtig, die spezifischen sensorischen Defizite zu bewerten und zu dokumentieren, bevor sensorische Interventionen wie Ayres Sensory Integration® (SI), Gewichtswesten, auditive Programme oder sensorische Diäten angeboten werden.
Evidenzlage: systematische Reviews, Guidelines, konsensbasierte Empfehlung von Fachexpertinnen und Fachexperten
Referenzen:
Bodison SC, Parham LD (2018). Specific sensory techniques and sensory environmental modifications for children and youth with sensory integration difficulties: A systematic review. Am J Occup Ther, 72, 7201190040. doi.org/10.5014/ajot.2018.029413
Council for Exceptional Children (2014). Council for Exceptional Children standards for evidence-based practices in special education. Retrieved from
Council for Exceptional Children (2015). CEC’s standards for classifying the evidence base of practices in special education. Remedial Spec Educ, 36, 220–234.
Pfeiffer B, May-Benson TA, Bodison SC (2018). Guest Editorial – State of the science of sensory integration research with children and youth. Am J Occup Ther, 72, 7201170010. doi.org/10.5014/ajot.2018.721003
Schaaf RC, Dumont RL, Arbesman M, May-Benson TA (2018). Efficacy of occupational therapy using Ayres Sensory Integration®: A systematic review. Am J Occup Ther, 72, 7201190010. doi.org/10.5014/ajot.2018.028431
Schaaf R, Mailloux Z (2015). Clinician’s guide for implementing Ayres Sensory Integration®: Promoting participation for children with autism. Bethesda, MD: AOTA Press.
Watling R, Kuhanek H, Parham D, Schaaf R (2018). Occupational therapy practice guidelines for children and youth with challenges in sensory processing and sensory integration. Bethesda, MD: AOTA Press.
3) Keine Schlinge für Patientinnen und Patienten mit einem gelähmten Arm, die die betroffene Gliedmasse über einen längeren Zeitraum in Beugestellung hält.
Standardschulterschlingen fixieren die obere Extremität in einer Beugestellung. Wird ein gelähmter Arm über einen längeren Zeitraum mit einer Schlinge in dieser Position fixiert, erhöht sich das Risiko von Kontrakturen und Schmerzen. Zudem wird die aktive Nutzung der Gliedmasse eingeschränkt. Dies verringert die Chancen auf neuroplastische Veränderungen, die eine Verbesserung der Armfunktion unterstützen würden. Patientinnen und Patienten und ihre Bezugspersonen sollten über die sichere Positionierung des gelähmten Arms bei Betätigungen und in Ruhephasen aufgeklärt werden.
Evidenzlage: RCT
Referenzen:
Gillen G, Nilsen DM (2021). Upper extremity function and management. In: Gillen G, Nilsen DM (eds.). Stroke rehabilitation: A function based approach (5th ed.). St. Louis: Elsevier Science.
van Bladel A, Lambrecht G, Oostra KM, Vanderstraeten G, Cambier D (2017). A randomized controlled trial on the immediate and long-term effects of arm slings on shoulder subluxation in stroke patients. Eur J Phys Rehabil Med, 53(3), 10.
4) Keine kognitiven Therapiemassahmen anbieten ohne direkte Anwendung auf die Betätigungsperformanz.
Die Wahl der kognitiven Therapiemassnahmen sollte sich nach den Therapiezielen richten, die die Patientinnen und Patienten zur Verbesserung ihrer Betätigungsperformanz erreichen wollen. Beispiele für kognitive Therapiemassnahmen sind Papier-Bleistift-Aufgaben, computergestützte kognitive Übungen, Strategietraining, Achtsamkeitsübungen usw. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen die Patientinnen und Patienten verstehen, warum sie sich einem kognitiven Training unterziehen. Der Einsatz von kognitiven Therapiemassnahmen, die nicht auf die Betätigungsperformanz ausgerichtet sind, erzielt möglicherweise nicht die gewünschten Ergebnisse.
Evidenzlage: evidence-based und systematische Reviews
Referenzen:
American Occupational Therapy Association (2013). Cognition, cognitive rehabilitation, and occupational performance. Am J Occup Ther, 67(6 Suppl.), 9–31. doi.org/10.5014/ajot.2013.67S9
Cicerone KD, Langenbahn DM, Braden C, Malec JF, Kalmar K, Fraas M, Ashman T (2011). Evidence-based cognitive rehabilitation: Updated review of the literature from 2003 through 2008. Arch Phys Med Rehabil, 92(4), 519–530. doi.org/10.1016/j.apmr.2010.11.015
Gillen G, Nilsen DM, Attridge J, Banakos E, Morgan M, Winterbottom L, York W (2015). Effectiveness of interventions to improve occupational performance of people with cognitive impairments after stroke: An evidence-based review. Am J Occup Ther, 69(1), 6901180040. doi.org/10.5014/ajot.2015.012138
Smallfield S, Heckenlaible C (2017). Effectiveness of occupational therapy interventions to enhance occupational performance for adults with Alzheimer’s disease and related major neurocognitive disorders: A systematic review. Am J Occup Ther, 71(5), 7105180010. doi.org/10.5014/ajot.2017.024752
5) Keine Massnahmen zum Gehtraining anbieten, die nicht mit der funktionellen Mobilität im persönlichen Umfeld verbunden sind.
In der ergotherapeutischen Praxis werden Kontextfaktoren berücksichtigt, die sich auf die Fähigkeit auswirken, einer sinnvollen Betätigung nachzugehen. Gangbild, Gangtraining und Gehübungen berücksichtigen nicht unbedingt den Kontext, in dem alltägliche Aktivitäten ausgeführt werden. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten können die zugrunde liegenden Fähigkeiten für das Gehen und den Gang beurteilen und geeignete Interventionen anwenden. Sie müssen dabei aber die funktionelle Mobilität im persönlichen Umfeld berücksichtigen, um wirksame, evidenzbasierte Interventionen durchzuführen, die für die einzelnen Patientinnen und Patienten individuell und sinnvoll sind.
Evidenzlage: Review
Referenzen:
American Occupational Therapy Association (2020). Occupational therapy practice framework: Domain and process (4th ed.). Am J Occup Ther, 74(Suppl. 2), 7412410010. doi.org/10.5014/ajot.2020.74S2001
Elliot S, Leland N (2018). Occupational therapy fall prevention interventions for community-dwelling older adults. Am J Occup Ther, 72(4), 7204190040. doi.org/10.5014/ajot.2018.030494

Info-Flyer zu dieser Liste
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Informationen für Fachpersonen (April 2025) [51.62 KB]
Dokument für Patient:innen
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Empfehlungen Laien (April 2025) [99.24 KB]